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Babysprachlabor Universität Konstanz: aktuelle Projekte und Studien

Wortformerkennung, Teilnahme per App oder im Baby Speech Lab

Worum es geht...

Bereits im Alter von 11 Monaten zeigen Kinder eine Präferenz für hochfrequente Wörter (z.B. Vihman et al., 2004), d.h. für Wörter, die sie oft in ihrem Alltag hören. Niederfrequente Wörter, d.h. Wörter, die selten in der Umgebungssprache der Kinder vorkommen, stoßen hingegen auf ein geringeres Interesse. Dieses Interesse lässt sich anhand der Blickdauer der Kinder messen: schaut ein Kind länger in Richtung des Bildschirms, aus dem hochfrequente Wörter vorgespielt werden, zeigt das, dass das Kind diese Wörter wiedererkennt und interessanter findet als niederfrequente Wörter. Die niederfrequenten Wörter sind in dieser Studie Nichtwörter, d.h. Wörter, die in der deutschen Sprache nicht existieren. Damit stellen wir sicher, dass das Kind die niederfrequenten Wörter tatsächlich noch nie gehört hat.
Für das Englische wurde gezeigt, dass Kinder hochfrequente Wörter in ihnen unbekannten dialektalen Varietäten (z. B. Van Heugten & Johnson, 2014) oder fremdsprachlichen Akzenten (z. B. Van Heugten et al., 2018) erst ab etwa 18 Monaten erkennen.
In unserer Studie untersuchen wir nun, wie sich die kindliche Präferenz für hochfrequente Wörter über verschiedene Varietäten des Deutschen (z.B. Standard und Alemannisch) und fremdsprachliche Akzente hinweg verhält. Wir wollen also herausfinden, ob Kinder hochfrequente Wörter auch in ihnen (un-)bekannten Varianten des Standarddeutschen bevorzugen und welche Rolle ihre eigene Erfahrung mit diesen Varianten spielt. Dies erlaubt Rückschlüsse darüber, ob Dialekte und Akzente als „eigene“ Sprachen zählen oder ob verschiedene Varietäten des Deutschen zu einer Sprache gruppiert werden.

Wie wir das untersuchen...

Das Kind sitzt auf dem Schoß eines Elternteils mit Blick auf den Bildschirm und hört verschiedene Wörter und Nichtwörter in unterschiedlicher Sprechweise. Auf dem Bildschirm ist ein buntes Muster zu sehen. Wir zeichnen die Aufmerksamkeit, also die Blickbewegungen Ihres Kindes, auf. Zwischendurch erscheint in der Mitte, ohne Ton, immer wieder ein bewegtes Bild einer Raupe, welches die Aufmerksamkeit des Kindes wieder zur Mitte lenken soll. Die Methode beruht auf der Tatsache, dass Kinder spannendere oder interessantere Dinge, wie z.B. bekannte Wörter, länger anschauen als weniger interessante, wie z.B. unbekannte Wörter. Die ForscherInnen analysieren dann die Blickdauer zu den verschiedenen auditiven Reizen.​​​​​​​

An dieser Studie können Sie bequem von zu Hause aus teilnehmen. Dazu müssen Sie nur dieApp auf ein iPad herunterladen. Mehr Informationen zur App finden Siehier.

Sie können für die Studie auch direkt zu uns ins Baby Speech Lab kommen. Bei dieser Testung hören die Kinder die gleichen Wörter und Nichtwörter, es wird aber eine andere Methode - die Head Turn Preference Procedure - verwendet. Genauere Infos zur Methode finden Siehier.

Wir suchen Kinder im Alter von 12-24 Monaten, die mit Standarddeutsch, Schweizerdeutsch oder einem anderen deutschen Dialekt aufwachsen.


Literatur:

Singh, L., Fu, C. S. L., Rahman, A. A., Hameed, W. B., Sanmugam, S., Agarwal, P., Jiang, B., Chong, Y. S., Meaney, M. J., Rifkin‐Graboi, A., Team, G. R., & the, G. R. T. 2015. Back to basics: A bilingual advantage in infant visual habituation. Child Development, 86, 294-302.

Van Heugten, M., & Johnson, E. K. (2014). Learning to contend with accents in infancy: Benefits of brief speaker exposure. Journal of Experimental Psychology: General, 143(1), 340–350.

Van Heugten, M., Paquette-Smith, M., Krieger, D. R., & Johnson, E. K. (2018). Infants’ recognition of foreign-accented words: Flexible yet precise signal-to-word mapping strategies. Journal of Memory and Language, 100, 51-60.

Vihman, M. M., Nakai, S., DePaolis, R. A., & Hallé, P. (2004). The role of accentual pattern in early lexical representation. Journal of Memory and Language, 50(3), 336-353.


 

Sprachliche Interaktion zwischen Eltern und ihren Kindern

Worum es geht…

Kinder erwerben ihre Muttersprache ohne große Mühe, mit einer scheinbaren Selbstverständlichkeit. Dafür ist der sprachliche Input, den ein Kind aus seinem Umfeld bekommt, unerlässlich. Wenn Erwachsene mit Kleinkindern sprechen, nutzen sie oft intuitiv eine Art des Sprechens, die die Aufmerksamkeit der Kinder steigert. Diese sog. kindgerichete Sprache (infant-directed speech, IDS) zeichnet sich – im Vergleich zur Sprache zwischen Erwachsenen (adult-directed speech, ADS) – beispielsweise durch einfachere und kürzere Sätze, langsameres Sprechtempo, überdeutliche Vokale, höhere und stärker variierende Intonation und mehr Varianz in der Stimmqualität aus. Die erhöhte Aufmerksamkeit für kindgerichtete Sprache im Vergleich zur erwachsenengerichteten Sprache deutet darauf hin, dass Kleinkinder kindgerichtete Sprache bevorzugen, wie im ManyBabies Projekt, an dem auch unser Babysprachlabor beteiligt war, vor kurzem bestätigt wurde (ManyBabies Consortium 2020, siehe abgeschlossene Projekte).
Bei der Untersuchung des Spracherwerbs ist der Einsatz und der Nutzen von IDS schon seit vielen Jahren einer der Forschungsschwerpunkte. In unserer aktuellen Studie untersuchen wir, wie Eltern kindgerichtete Sprache beim Betrachten eines Bilderbuchs einsetzen.

Wie wir das untersuchen…

Das Kind sitzt auf dem Schoß eines Elternteils und Sie sehen sich gemeinsam ein kleines Bilderbuch mit 12 Bildern an, das per Zoom von einer Versuchsleiterin geteilt wird. Bei den Bildern handelt es sich um alltägliche Objekte wie eine Schaukel oder eine Katze. Die Eltern beschreiben das Buch in ihrem eigenen Tempo und können mit dem Kind interagieren, wie Sie es auch zuhause bei einem richtigen Bilderbuch machen würden. Das Treffen wird dabei aufgezeichnet und nach etwa zwei Wochen nochmal wiederholt. Die Studie wird mit einem kurzen Fragebogen abgeschlossen, in dem angefragt wird, ob das Kind die Wörter des Bilderbuches bereits kennt und ob es diese für interessant hält.

Für die Studie suchen wir aktuell Kinder zwischen 12 und 24 Monaten.


Literatur:

M. Kalashnikova, Ch. Carignan, and D. Burnham, ‘The origins of babytalk: smiling, teaching or social convergence?’, Royal Society Open Science, vol. 4, pp. 1–11, 2017.

J. Voße, O. Niebuhr, and P. Wagner, ‘How to motivate with speech. Findings from acoustic phonetics and pragmatics’, Front. Commun., vol. 7, p. 910745, 2022.

J. Voße and P. Wagner, ‘Investigating the phonetic expression of successful motivation’, Paper at the 9th Tutorial and Research Workshop on Experimental Linguistics, Dec. 2019, pp. 117–120.

M. Weirich and A. Simpson, ‘Effects of gender, parental role, and time on infant- and adult-directed read and spontaneous speech’, Journal of Speech, Language, and Hearing Research, vol. 62, no. 11, pp. 4001–4014, 2019.

M. R. Zentner, ‘Preferences for colours and colour-emotion combinations in early childhood’, Developmental Sci, vol. 4, no. 4, pp. 389–398, Nov. 2001.


 

Über das Babysprachlabor (BSL)

Das BSL ist das erste 'Baby Lab' in Süddeutschland. Hier wird – wie in vielen anderen 'Baby Labs' auf der ganzen Welt – der frühkindliche Spracherwerb erforscht. Auf spielerische Art und Weise möchten wir herausfinden, wie Säuglinge Sprache wahrnehmen und was Babys, noch bevor sie selbst anfangen zu sprechen, bereits über ihre Muttersprache wissen. Außerdem sind wir daran interessiert, wie Kinder sprechen lernen und wie sich die Sprachproduktion in den ersten Lebensjahren entwickelt. 

Die Lage in Konstanz, direkt an der schweizer Grenze, bietet eine ideale Gelegenheit, nicht nur den Spracherwerb deutscher Kinder zu untersuchen, sondern diesen mit der sprachlichen Entwicklung schweizerdeutscher Kinder zu vergleichen. Denn obwohl das Deutsche und das Schweizerdeutsche eng verwandt sind, weisen die beiden Sprachen klare Unterschiede auf, beispielsweise in der Satzmelodie und bei Lautkontrasten. 

Um unsere Forschungsideen umsetzen zu können, suchen wir laufend Interessenten sowohl aus Konstanz und Umgebung als auch aus der Schweiz (Kreuzlingen und Umgebung). Haben Sie ein Kind zwischen 3 und 36 Monaten und Lust, das Konstanzer Babylab einmal zu besuchen, freuen wir uns über einen Anruf oder eine Email von Ihnen.

Baby Speech Lab FlyerProjektleitungProf. Dr. Bettina Braun

​​​​​​​Kontakt

Mail: BSL[at]uni-konstanz.de 

Website: https://www.ling.uni-konstanz.de/bsl/ 

Instagram: https://www.instagram.com/babysprachlabor.unikonstanz/ 

Prof. Dr. Bettina Braun (Leitung)
Telefon: +49 (0) 7531 88 2587 

Babysprachlabor
Universität Konstanz
FB Sprachwissenschaft
Postfach 186
D-78457 Konstanz

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